Spectaris Service-Tagung bei der Rational AG in Landsberg
Digitalisierung ist DAS Schlagwort, wenn es darum geht, den (eigenen) Service fit zu machen für die Zukunft. Doch wie digitalisiere ich meine Serviceprozesse? Wie funktioniert Digitalisierung in der Praxis? Die Servicetagung für Spectaris Mitglieder und ISS Kunden bei der Rational AG zeigte digitale Best Practices, bei denen digital vernetzt neue Lösungen realisiert wurden, die einfacher und bequemer, wirtschaftlicher und viel schneller sind – für Kunden, Partner und das Unternehmen selbst.
ISS-Spectaris-Tagung am 7. und 8. März 2018: Den Auftakt machte Hans-Werner Albrecht, Geschäftsführer der Rational Technical Service GmbH zum Thema Digitalisierung im Rational-Servicenetzwerk, in deren Mittelpunkt die ConnectedCooking-Plattform steht.
Zum Hintergrund: Kernprodukt der Rational AG ist der Combi-Dämpfer für die Gastronomie, für Hotels, Restaurants und die System- sowie Handelsgastronomie mit Supermärkten oder Tankstellen, für die Gemeinschaftsverpflegung in Betriebsgastronomien oder in medizinischen Einrichtungen. Mit dem Produkt besitzt das Landsberger Unternehmen mehr als 50 Prozent Weltmarktanteil in diesem Segment. Rund 2000 Mitarbeiter arbeiten weltweit für das Unternehmen.
Rational launcht neue Plattform Connected Cooking zur Nutzung via App und führt neues Geschäftsmodell ein
Durch die Digitalisierung generiert Rational einen neuen Nutzen für Kunden und Partner. Dafür wurde im März 2017 die neue Plattform Connected Cooking gestartet, um die Bedienbarkeit der Rational-Produkte zu erhöhen. „Mit der Plattform erhalten unsere Kunden einen Zugang zu ihren installierten Geräten über die Cloud. Geöffnet wird die Plattform ebenso für Einzelanwender wie für große Ketten“, erklärte Hans-Werner Albrecht. Im Mittelpunkt steht der Remote-Zugriff auf das SelfCookingCenter: Dadurch ist eine einfache, netzwerkunabhängige Steuerung aller angeschlossenen Geräte per App oder Web möglich, außerdem eine Überwachung und Anpassung von Parametern während des Garens von einem beliebigen Ort. Auch aus Servicesicht ist diese Plattform interessant: Auditierte Servicetechniker haben einen Remote Access auf die Geräte, um diese zu warten oder zu überwachen.
Das mobile Endgerät wird zur verlängerten Steuerung des stationären Endgerätes. „Chefs“, wie die Köche in der Gastronomie genannt werden, erhalten so „relevante Ereignisse direkt auf das Smartphone übertragen“, z. B. eine Benachrichtigung, wenn ein Prozess beendet ist oder wenn Handlungsbedarf von Seiten des Personals erforderlich ist. Unnötiges Warten vor dem Gerät entfällt“, sagte der Geschäftsführer.
Und aus Servicesicht: Es erfolgt eine unverzügliche Meldung von Gerätefehlern, außerdem entsteht kein Zeitverlust bei auftretenden Fehlern am Gerät: Der Kunde weiß sofort Bescheid und kann den Servicepartner oder sein Personal informieren. Fehlermeldungen inkl. der Fehlerinformationen können automatisch an den Servicepartner übermittelt werden, das ermöglicht kurze Reaktionszeiten und eine Reduzierung von Ausfallzeiten durch frühzeitige Benachrichtigung des Servicepartners. Dank der Einbindung besteht die Möglichkeit der Fehlerbehebung von einem Remote-Standort aus sowie einer Ferndiagnose und einer Ersatzteilklärung vorab. Durch die neue digitale Plattform schafft sich Rational die Basis für neue Geschäftsmodelle – und die Etablierung als Plattform in der Systemküche. Die Plattform ist offen gestaltet, so dass eine Einbindung neuer Gerätetechnologien aus dem Hause Rational jederzeit möglich ist.
Annika Junghanns, Produktmanagerin Serviceprodukte bei der Rational AG, zeigte mit einer Live-Demo, wie die vernetzte Plattform Connected Cooking der Rational AG funktioniert. Sie demonstrierte die Vorzüge der Rational-Eigenentwicklung, unter anderem, wie man als Nutzer mit der Lösung Garprogramme verwalten, auf Rezeptbibliotheken zugreifen, kostenfreie Updates nutzen und HACCP-Dokumentationen abrufen kann. Praktisch: Die Teilnehmer konnten Fragen zum System stellen, die Annika Junghanns gleich anhand der Live-Demo anschaulich beantworten konnte.
Stiegelmeyer treibt die Digitalisierung des Krankenhauses
Andreas Held, Leiter Bereich After Sales bei der Stiegelmeyer GmbH & Co. KG, stellte eine ausgeklügelte digitale Lösung für medizinische Einrichtungen wie Krankenhäuser vor: das digitale Bettenmanagement. „Digitalisierung bedeutet für uns die ständige Erneuerung unserer Geschäftsprozesse und Produkte um Informationen elektronisch zu erfassen, IT-systemgestützt zu vernetzen und gezielt zur Verfügung zu stellen.
"Diese Erneuerung hat auch Auswirkungen auf zukünftige Geschäftsmodelle", erklärte Held in seinem Vortrag. Beim digitalen Bettenmanagement wird eine digitale Servicelösung eingesetzt, die laufend anzeigt, wo welches Bett im Krankenhaus vorhanden ist, in welchem Zustand es ist und ob es einen Servicebedarf für das jeweilige Bett gibt – ein neues, innovatives und serviceorientiertes Geschäftsmodell, bei dem der Kunde nicht mehr für das Produkt (das Bett) bezahlt, sondern für die digitale Dienstleistung rund um dieses Produkt wird so möglich.
Digitalisierung geschehe bei Stiegelmeyer dabei in drei Bereichen: Bei der Digitalisierung im Prozess stehen Prozessketten im Fokus, die durchgehend Informationen durch unterschiedliche IT-Systeme zur Verfügung stellen. Hier sind Kunden und Lieferanten mit einbezogen. Bei der Digitalisierung im Produkt geht es um eine Erweiterung der Produkte um Sensorik. Das können Vitaldaten, Positionsdaten, Zustandsdaten oder ähnliches sein. Schließlich entstehen auch neue Geschäftsmodelle durch Digitalisierung: Die mit Hilfe der Stiegelmeyer-Produkte generierten Daten und Funktionen stellen einen wirtschaftlichen Wert dar. Für diese Daten müssen Märkte und Kunden identifiziert werden und deren Preisbereitschaft für die Daten und Funktionen ermittelt werden.
Im Mittelpunkt des digitalen Angebotes steht das Beratungsmodell BEST. Dabei vereinbaren die Stiegelmeyer-Mitarbeiter beim potenziellen Kunden einen Beratungstermin, der mit einem Vorgespräch startet und über einen Rundgang durch das Krankenhaus und die Auswertung des Rundgangs in einer finalen Präsentation mündet. Dieser ‚Scan’ der Einrichtung ist obligatorisch, bevor Stiegelmeyer überhaupt eine Lösung beim Kunden umsetzt. Der Hintergrund: Nur so können die Experten analysieren, welche Basis im Krankenhaus vorhanden ist und welche Maßnahmen notwendig sind. Die für Kunden, das Krankenhaus, kostenfreie Analyse führt zu einer Transparenz der bettenorientierten Prozesse, deckt Optimierungspotenziale auf, führt nach der Umsetzung zu einer Mitarbeiterentlastung und zu einer steigenden Patientenzufriedenheit sowie einer Steigerung des Images. „Der Mehrwert für den Kunden liegt auch in der Art und Weise der Optimierung, denn gewohnte Abläufe bleiben, da wir uns an vorhandenen Strukturen orientieren“, sagt Andreas Held. Die Veränderung erfolgt als organische Entwicklung mit geringem Schulungsbedarf.
Datenbrille als Enabler für digitale Services
Jörg Jonas-Kops, CEO der nxtbase technologies, ist als Pionier der Wearables-Bewegung zu bezeichnen. 2013, mit dem Aufkommen der ersten Google Smart Glasses, beschäftigte er sich mit digitalen Lösungen für Wearables. Er zeigte auf der Service-Tagung mit Praxisbeispielen, wie digitalisierte Services Mehrwert für Kunden erzielen und Ertragspotenziale ausschöpfen.
Es geht schneller, bequemer und preiswerter – es muss nur die passende Lösung sein. „Dazu haben wir bei nxtbase verschiedene digitale Services für Datenbrillen und andere digitale Tools entwickelt“, erklärte Jörg Jonas-Kops. nxtBuild transferiert Checklisten aus SAP direkt auf die Datenbrille. Mit nxtMove werden Warenfluss und Maschinen per Augmented Reality gesteuert. nxtServe bietet Tracking von Serviceleistungen in Echtzeit. nxtSuite ist schließlich eine offene Industrie 4.0 Plattform & Smart Industry Apps. Eine physische Eigenentwicklung ist der nxtSuiteCase, der alle technischen Notwendigkeiten beinhaltet, die Servicetechniker benötigen, um von der Infrastruktur am Standort unabhängig zu arbeiten.
Kollaboration und Plattformen als Wegbereiter der Digitalisierung
Prof. Dr. J.-Uwe Meyer von der UniTransferKlinik (UTK) hat unter anderem die Aufgabe, Gründer und mittelständische Unternehmen in der Nutzung von IoT-Cloud Plattformen zu trainieren. Er stellte bei Spectaris ausführlich Smart Services 4.0-Lösungen und die Grundlage erfolgreicher digitaler Geschäftsmodelle vor. Prof. Meyer ist mit seiner Softwarefirma MT2IT vor allem auch in der Beratung und Implementierung von IoT-Cloud Plattformen aktiv.
In seinem Vortrag betonte er, dass es nur mit kollaborativen Geschäftsmodellen eine Industrie-Mobilisierung geben könne. Ohne standardisierte Referenz-Architekturen und Test-Plattformen gebe es keine Mobilisierung von kleinen und mittleren Unternehmen. Prof. Meyer ist sehr aktiv im BMBF-Innovationsforum Krankenhaus 4.0, das er in der Folge näher vorstellte und das eng mit der UniTransferKlinik Lübeck verbunden ist. „Wir verstehen uns als Wegbereiter bei der Vernetzung und Digitalisierung von Medizintechnik und Krankenhaus“, erklärte Prof. Meyer. Das Testzentrum Lübeck befasst sich mit der Digitalisierung der gesamten Wertschöpfungskette und Entwicklung digitaler medizinischer Systeme.
Fachübergreifend durch 18 Institute und 13 Kliniken unterstützt werden für Produktentwicklungsprojekte medizintechnischer Hersteller Innovationsdienstleistungen im Bereich „Medizintechnik/Krankenhaus 4.0“ angeboten. „Es geht also um die Entwicklung digitaler, vernetzungsfähiger Medizinprodukte und deren Anwendung in durchgängig digital unterstützten Versorgungsprozessen in Medical Cyber Physical Systems“, ergänzte er.
"Einfacher und komfortabler, wirtschaftlicher und schneller."
Abschließend fasste Michael René Weber von der ISS den Tag zusammen und ergänzte die Erkenntnisse um einige anschauliche Beispiele aus seiner Praxis an der ISS. „Wir haben gesehen, dass die Digitalisierung eine große Herausforderung ist, die aber mit cleveren Lösungen in erfolgreiche Geschäftsmodelle und Angebote umgesetzt werden kann. Mehr noch: Die Digitalisierung ist an diesen Stellen eine Chance, Unternehmen mit Kunden und Partnern zu vernetzen und so neue, stabile Geschäftsbeziehungen zu schaffen.“
Die Best Practices hätten eindrucksvoll gezeigt, auf welche vielfältige Art und Weise die digitale Vernetzung mit Kunden und Partnern möglich ist. „Die Anforderungen sind vielfältig, und es kommt auf die fundierte Analyse und die passgenaue Lösungskonzeption an, damit es einfacher und komfortabler, wirtschaftlicher und schneller wird“, schloss Weber die Veranstaltung.