Digitale Dienstleistungen schaffen Mehrwert!
Interview mit Hellmuth Broda, OneSource Enterprise Professional Services Leader Europe, PerkinElmer
Digitale Dienstleistungen sind dann besonders erfolgreich, wenn sie in Kundenprozesse integriert sind, Daten erheben und daraus abgeleitet Optimierungen anbieten. Die Bereitschaft zu „Co-Creation“ ist auf Seiten des Kunden wie des Dienstleisters Voraussetzung für ein erfolgreiches Miteinander. Über digitale Dienstleistungen im Labor informiert Hellmuth Broda auf der SPECTARIS Servicetagung am 23. März in Düren/ Köln.
Im Vorwege antwortet Herr Broda im Interview mit Michael René Weber, ISS International Business School, auf Fragen zu digitalen Dienstleistungen, der Qualifikation von Mitarbeitern, Social Media und dem Verkauf der Services.
ISS: Was sind digitale Dienstleistungen, Dr. Broda?... und wie erzeugen Sie damit Mehrwert?
Hellmuth Broda: Ich sehe da verschiedene Ebenen der Digitalisierung. Das eine ist die Kommunikationsebene. Diese nutzen inzwischen alle Firmen täglich, über elektronische Medien wie E-Mails, Chats, elektronische Konferenzschaltungen, gemeinsames Bearbeiten von Dokumenten in der Cloud — auch zwischen Firmen. Das ist seit 8 bis 10 Jahren Mainstream.
3 Ebenen der Digitalisierung
Eine weitere Ebene ist die Digitalisierung von Dienstleistungen im technischen Bereich bei der Wartung der Geräte. Hier hatten uns Kunden angefragt, auch Geräte anderer Hersteller zu warten, damit künftig statt sechs Servicetechnikern nur einer ins Haus kommt, der firmenübergreifend den Service leistet – natürlich entsprechend geschult auf allen Geräten. Die administrativen Daten dieser Geräte werden von einer speziellen Software registriert und so aufbereitet, dass man von einer sogar mobilen App aus den Status der Laborgeräte überprüfen kann und rechtzeitig benachrichtigt wird, wenn beispielsweise ein UV-Leuchtmittel im Laborgerät ausgetauscht werden sollte.
Die (digitalen) Analysenergebnisse der Geräte fließen ein in die Labor-IT, mit der Wissenschaftler dann aussagekräftige Informationen über die Messungen aufbereiten. Und genau diese Schnittstelle zwischen den Laborgeräten und der Labor-IT, den Computern, hat häufig zum Finger Pointing geführt, wenn Daten nicht richtig übermittelt oder übernommen wurden – nicht immer oder nur selten war klar, wer verantwortlich ist. Man spricht in diesem Zusammenhang von der Service-Lücke zwischen Instrumentenherstellern und Computer(HW/SW)-Anbietern.
Michael René Weber: Und das hat PerkinElmer doch geändert – oder?
Hellmuth Broda: Ja, vor diesem Hintergrund hat PerkinElmer z.B. vor circa 6 Jahren die Firma CambridgeSoft übernommen, vor 3 Jahren die Firma Ceiba Solutions, die sich mit Labor-IT befassen und im Anschluss beide Bereiche, die Labor-IT auf der einen Seite und die IT der Analysengeräte auf der anderen Seite miteinander verbunden und so die Lücke gefüllt.
Heute erwartet jeder, dass Daten elektronisch übernommen werden, im Labor verarbeitet werden können und dann auch noch in das Firmensystem übergehen, also zum Beispiel eine SAP-Lösung. Hier sind unsere Dienstleistungen sehr gefragt. Das ist ein Punkt, wo wir die Digitalisierung wirklich in den Service gebracht haben. Vernetzte Systeme schaffen schnellere und zuverlässigere Informationen.
Michael René Weber: Das bedeutet, Sie vernetzen beim Kunden vor Ort Computer und Analysengeräte, Infrastruktur und Applikation – das ist eine komplexe Beratungsaufgabe.
Hellmuth Broda: Ja, das stimmt, einer der Gründe dafür, dass unsere Berater teilweise durchgehend vor Ort beim Kunden tätig sind und das Miteinander der verschiedenen Systeme und auch Fragen im Rahmen der Auswertung von Daten direkt bearbeiten können. Mit diesem „Insourcing-Modell“ wird auch die kontinuierliche Verfügbarkeit der Systeme gesichert.
Michael René Weber: Sie haben jetzt zwei Ebenen der Digitalisierung angesprochen, die elektronische Kommunikation für ein schnelles Miteinander im Büro und vernetzte technische Systeme und die Sicherung ihrer Verfügbarkeit durch entsprechende Beratungsleistungen vor Ort…
Hellmuth Broda: … ja, und dann gibt es noch eine dritte Ebene der Digitalisierung, Auskunftssysteme, die uns helfen, unsere Werkzeuge und Fähigkeiten besser einzusetzen. Beispiel ist ein Dashboard, das unseren Überblick über Mitarbeiter und Tickets sowie gelöste Aufgaben bietet. Auch die Zusammenarbeit unter den Mitarbeitern, der notwendige Austausch für Best Practice Sharing und Management Übersichten. Wöchentliche Online-Meetings stellen sicher, dass man schnell reagieren kann.
Die digitale Nabelschnur zum Mutterschiff
Michael René Weber: Damit bieten Sie als Führungskraft dem beim Kunden sitzenden Mitarbeiter ein Stück Heimat.
Hellmuth Broda: Ja, die Verbindung mit dem Mutterschiff wird gehalten. Es gibt aber auch ein bis zwei Online-Meetings pro Monat, die wir gemeinsam mit dem Kunden führen. So können aufkommende Probleme sofort angegangen werden.
Michael René Weber: …im Rahmen von Service-Level-Vereinbarungen?
Hellmuth Broda: Ja, diese Meetings finden häufig auch international statt, mit einem Verantwortlichen aus Massachusetts, aus Virginia, der operativen Einheit des Kunden in Dänemark und dem Manager für die Service Engineers in England. Und ich schalte mich aus Basel zu.
Michael René Weber: Sie praktizieren also Co-Creation, kontinuierlich, auch im Rahmen laufender Service-Level-Agreements…
Hellmuth Broda: … und wir sehen somit auch rechtzeitig, wo es weiteren Dienstleistungsbedarf gibt und wir mit einem neuen Angebot schnell reagieren und dem Kunden so wieder in der Effizienzsteigerung helfen können.
Co-Creation für mehr Effizienz
Michael René Weber: Das PerkinElmer Dienstleistungsangebot reicht also von der Beratung bis zur Gestaltung des Labors, über die Optimierung der Prozessabläufe bis hin zur Entsorgung – oder ist auch das noch zu kurz gegriffen?
Hellmuth Broda: Tatsächlich übernehmen wir auch den ganzen Betrieb. Anerkannt sind wir bei unseren Kunden für die Lösungskompetenz unserer Mitarbeiter. So hat neulich ein Mitarbeiter, der im Laborbereich vor Ort Support leistet, in einem Hochsicherheitsbereich, in dem mit Handschuhen und Sicherheitskleidung gearbeitet werden muss, eine Lösung für die „Hands Free Data Entry“ entwickelt, die Dateneingabe ist nun mit einer Datenbrille möglich, ohne dass man etwas tippen muss. An anderer Stelle arbeiten PerkinElmer Mitarbeiter für Kunden das gesamte Ticketing System der Endbenutzer ab.
Getreu dem Slogan: „Wissenschaftler konzentrier Dich auf Deine Wissenschaft – wir machen den Rest“ übernehmen wir wissenschaftliche Dienste und verschicken Proben, und können auch Wissenschaftler stellen, die mit hochkomplizierten Geräten bestens vertraut sind und diese perfekt bedienen. Der Kunde spart sich die Beantragung einer internen Stelle, die Suche solcher Mitarbeiter und deren Training und Schulung.
Mit dem Relocation Service sind wir derzeit die einzigen, die einen Komplettumzug eines Labors von A—Z organisieren können. Dabei arbeiten wir mit Partnern zusammen, die Umzugslastwagen z.B. flüssigen Stickstoff transportieren können. Die wesentliche Kompetenz ist das Wissen um die erforderlichen Details und ein professionelles Projektmanagement!
Smarte Anbindung an smarte Kunden
Michael René Weber: Und digitale Dienstleistungen?
Hellmuth Broda: Ja, ein Beispiel dafür sind die Informationsservices. Mit LIMS-Systemen von PerkinElmer und anderer Hersteller sind wir im Bereich wissenschaftlicher Applikationen tätig. Die Labor-Informations- und Management-Systeme (LIMS) sind so etwas wie SAP für das Labor. Gegenwärtig verschärft die amerikanische Food and Drug Administration (FDA) die Anforderungen an die Labors bezüglich Datenintegrität. Wir haben eine Lösung entwickelt (LabSentinel), die das komplette Labornetz überwacht und registriert, wer was wann an welchem Gerät gemacht hat und bei Abweichungen von den vorgegebenen Regeln alarmiert. Nebenher wird der komplette Prüfpfad (Audit Trail) für die Behörden vorgehalten.
Michael René Weber: Herr Broda, warum sollte ein Unternehmen Services, digitale Services, so ausbauen, wie Sie es bei PerkinElmer gemacht haben?
Vom Produkt- zum Dienstleistungsgeschäft – Servitization ist das Ziel
Hellmuth Broda: Produkte werden einmal gekauft. Service ist nichts Vorübergehendes, sondern kontinuierlich. Der Kunde braucht immer wieder Serviceleistungen und der enge Kontakt mit dem Kunden bietet die Gelegenheit, eine Servicequalität anzubieten, bei der der Kunde das Gefühl hat, „hier bin ich gut aufgehoben“. Es gilt, Alleinstellungsmerkmale herauszuarbeiten, sodass die Kunden gerne wiederkommen und nicht zur Konkurrenz gehen. Das gilt für Services im Umfeld von Produkten aber auch für Services, die unabhängig von Produkten geleistet werden und die auch auf Basis hoher Lösungskompetenz eine stabile Zukunft bieten.
Die Digitalisierung ermöglicht dabei, diese Serviceangebote skalierbar und ortsunabhängig wie auch zeitunabhängig rund um die Uhr zu leisten. Elektronische Medien ermöglichen es, Spezialisten-Knowhow in der Fläche zur Verfügung zu stellen und das sofort mit dem Zusatzeffekt, dass keine Reisekosten entstehen. Bilder, Videokonferenzen, kleine Filme und Augmented Reality, teilweise noch in der Erprobung, sind die Wege, die Kommunikation und Ferndiagnose erleichtern. So kann man das Wissen von Knowhow-Trägern skalieren, einer ganzen Organisation zur Verfügung stellen und schneller die Lösungen für Kunden verfügbar machen.
Hinzu kommt die Auswertung von Daten, die bisher aufgrund mangelnder Strukturierung noch nicht analysiert werden konnten. Stichwort „Big Data“. Unsere Daten-Dienste (Data Analytics Services) befähigen die Kunden, Nadeln und Goldstückchen in ihren Daten (Heu)-haufen zu finden. Das schon erwähnte Dashboard und von PerkinElmer entwickelte Softwarepakete (Asset Genius, Lab Navigator und LabSentinel—um nur einige zu nennen) sowie die Digitalisierung von Daten erlauben es, schnelle Entscheidungen in Bereichen zu fällen, die Optimierungen auch jenseits von unseren Geräten ermöglichen.
Smarte Mitarbeiter – woher nehmen?
Michael René Weber: Da sind neue Aufgabenfelder hinzugekommen. Herr Broda, wie viele Ihrer Mitarbeiter hatten früher oder haben heute einen Informatikhintergrund?
Hellmuth Broda: Alle, die in der Labor-IT arbeiten, haben einen Informatikhintergrund. Und ja, das war vor 10 Jahren noch nicht so. Durch den Zukauf des IT-Unternehmens haben wir zusätzliche Kompetenzen im Mitarbeiter-Team erhalten und seitdem auch konsequent ausgebaut.
Michael René Weber: Ausgebaut - wie qualifizieren Sie?
Hellmuth Broda: Da eine Labor-IT-Ausbildung an Fachhochschulen und Universitäten nicht angeboten wird, gibt es für uns nur zwei Möglichkeiten: Entweder erhält jemand, der eine Laborantenausbildung hat zusätzlich IT-Knowhow oder ein IT-Serviceingenieur das notwendige technische Laborwissen. Wir haben hier spezielle Kurse aufgebaut, die die Anforderungen von der Validierung über Verhaltensregeln der Hochsicherheitslabore bis zum (behördenüberwachten) Dokumentenhandling umfassen.
Michael René Weber: Also – ohne zusätzliches Wissen im IT-Umfeld wird es künftig nicht mehr gehen?
Hellmuth Broda: Nein, so wie auch ohne Strom nichts mehr geht. Aber das ist noch nicht alles: auch wir im B2B-Business werden lernen müssen, dass unsere Kunden Social Media affin sind, zumindest im persönlichen Bereich. Aus diesem Grund erwarten sie solche Kompetenzen auch von ihren Geschäftspartnern. Wer da nicht mitzieht, wird die neuen jüngeren Geschäftspartner nicht mehr für sich gewinnen können und mit den alten zusammen langsam aussterben.
Michael René Weber: Was ist dann der Kern in der Vermarktung Ihrer Dienstleistungen?
Hellmuth Broda: Die Kernfrage ist, wie bleibe ich für meine Kunden nachhaltig attraktiv? Zukunftsfähigkeit hat heute viel mit Skalierbarkeit und der Erreichbarkeit neuer Kunden zu tun. Da wollen auch jungen Leute mitmachen, da können sie was lernen, das ist interessant.
Michael René Weber: Ein attraktives, modernes, digitales Erscheinungsbild scheint dann ja Voraussetzung zu sein für Kundenbindung auf der einen Seite und Mitarbeitergewinnung auf der anderen?
Social Media auch in B2B zwingend
Hellmuth Broda: Es reicht nicht zu sagen „ich habe eine Website, da steht alles drauf“. Heute muss man in soziale Medien hineingehen, twittern, interessante Geschichten erzählen. Gutes Beispiel: Pränatale Themen: Auf der PerkinElmer Webseite und unseren entsprechenden Facebook-Seiten sieht man jetzt beispielsweise, wie Molecular Imaging Infekte nach der Operation verhindern, wie das Screening von Neugeborenen hilft, Gesundheitsprobleme rechtzeitig zu erkennen, wie Antibiotika in Milch oder Pestizide im Wein entdeckt werden können, wie unsere Klimageschichte aus Bohrkernen des Polareises gelesen werden kann.
Michael René Weber: Social Media schafft Image, Kontakte und ist erforderlich, um den Zukunftsanspruch mit deutlich zu machen. Social Media verkauft aber nicht – Herr Broda, wer bei Ihnen verkauft die Beratungsleistungen?
Hellmuth Broda: Wir haben eine Sales-Mannschaft von 8 Personen in Europa und ergänzend 8 bis 10 Service Manager, die genauso wie ich in Kundenkontakten oder auch auf Messen die Beratungs- und Serviceleistungen von PerkinElmer besprechen und an den Mann bringen. Dabei sind es ja keineswegs die Beratungsleistungen allein, ein Großteil unserer Leistungen ist ja auch das “Doing“, wenn Geräte aufgefüllt oder kalibriert werden, wenn wir Versuche im Labor für unsere Kunden fahren, dann ist das keineswegs immer Beratung, auch wenn hochkomplexes Knowhow international zur Verfügung gestellt wird.
Michael René Weber: Vielen Dank für das Interview Herr Broda, wir freuen uns auf Ihr Referat und das Gespräch im Teilnehmerkreis anlässlich der Spectaris-Servicetagung am 23. März in Düren/ Köln.
PerkinElmer liefert hochwertige Analysengeräte für die Labore von Lebensmittelkonzernen und Pharmaunternehmen. Sie sind europaweit verantwortlich für die „Professional Services“ für Unternehmen, führen also ein Beratungs- und Serviceteam, das in Laboren Ihrer Kunden für bessere Ergebnisse und Effizienz sorgt.