Bericht zur Spectaris Service-Tagung 2020

Tagungsreihe seit 2007, von Spectaris und ISS:
Intelligenter Service als Umsatz- und Ergebnisgenerator
(Informationen zu den Tagungen erhalten Sie hier)

 

 

Mit Smart Services das Business treiben

Lösungen kundenfokussiert entwickeln und vermarkten

Spectaris Wissensraum am 19. März 2020 bei ABP Induction

Die Zukunft von Unternehmen sind Smart Services – und die Zukunft ist heute, sie hat längst begonnen. Das wurde jetzt auf der Spectaris Service-Tagung im März 2020 wieder bestätigt!
Was der Industrieverband Spectaris und sein Veranstaltungspartner, die ISS International Business School of Service Management mit der Veranstaltungsreihe und den Events bei SEW, Testo, Philips, Arvato, Rational und Bizerba in den letzten Jahren entwickelt haben, wurde dieses Jahr ganz elementar in die Praxis umgesetzt. Gastgeber 2020 war die ABP Induction in Dortmund.
Doch halt, nicht Dortmund: Die Tagung fand in komplett virtueller Umgebung statt. Treffpunkt war ein neues Angebot unseres Gastgebers, der ABP Virtual Classroom. Das führte sowohl zu inhaltlichen Learnings für die Entwicklung von Smart Services wie auch zu einem ganz praktischen Erlernen des Umgangs mit einer smarten Umgebung – lernen auf zwei Ebenen sozusagen.

Die Digital Strategie:
Step 1 - Transformation von einem Anlagenbauer zu einem digitalen Service Provider

Wie sich ABP Induction von einem Anlagenbau zu einem digitalen Service Provider gewandelt hat, erklärte Till Schreiter, President bei ABP Induction, in seinem Eröffnungsvortrag. Als klassischer Anlagenbauer „plant und installiert ABP Induktionsöfen für Gießereien, Stahlwerke und Schmieden. Außerdem kümmern wir uns um den Service nach der Inbetriebnahme“, erklärte Till Schreiter. Und an dieser Stelle setzt die Digitalisierungsstrategie an.

„Absatzmärkte verändern sich durch Energiepreise, Elektromobilität und globale Konkurrenz, die Preisdruck erzeugt“, sagte er. Wenn man Wettbewerbsfähigkeit erhalten wolle, müsse dafür das Geschäftsmodell überdacht werden. „Dazu gehört auch, dass unsere Produkte so ausgereift sind, dass wir kaum noch Leistungssteigerungen erzeugen können. Unsere Antwort war hier: Digitalisierung.“

ABP hat neben dem Anlagenbau früh auf den Service gesetzt: „Service ist eine wichtige Einheit bei uns: Der Umsatz-Anteil liegt bei fast 50 Prozent und damit weit über den üblichen 20 Prozent, wie man es aus dem Maschinenbau kennt.“

Die ABP Digitalstrategie sieht so aus: Die digitalen Lösungen sind offen und der Kunde hat die Datenhoheit; sein Kundennutzen ist auch deutlich erkennbar. Dazu kommt, dass ein digitales Geschäftsmodell als eigenständig angesehen wird. Die digitale Transformation ist global. „Unser Verständnis ist, dass digitale Transformation nicht dazu dient, das bestehende Geschäftsmodell abzusichern, sondern es bedeutet, ein neues Geschäftsmodell zu entwickeln, das auf den Stärken von ABP aufbaut“, sagte Till Schreiter.

„Das Servicegeschäft wird auf drei Ebenen digitalisiert, weil wir hier eine hohe Kompetenz und eine große Basis mit 1600 Geräten haben. Es geht um digitale Serviceprodukte, Partnerschaften und digitale Marketingkanäle.“

Der Kern ist myABP als digitale Portallösung. Sie bildet als webbasierte Anwendung die Schnittstelle zu den Anlagen, den Zugang zu anderen digitalen ABP Lösungen, und die Schnittstelle für Kunden zu ABP. „Das ist die Basis des digitalen Geschäftsmodells“, sagte Till Schreiter, der durchaus Gedankenspiele zuließ, dass ABP irgendwann keine Maschinen mehr herstellen könnte: „Entscheidend ist, zu erkennen, dass man zum Beispiel nicht mehr der klassische Maschinenbauer ist. Man muss loslassen, sonst fängt man nicht an.“ Der Nutzen sei der Erfolgsfaktor, den man im Blick haben müsse.

Zurück zu myABP.com: Es verbindet die digitalen Services und Produkte von ABP mit den Kunden. Dabei kann ständig weitere Software angeschlossen werden. Für den Gießereibetrieb gibt es Module wie ABP Intelligence, ABP EoD und ABP Virtual Academy. Im Gießereimanagement sind Module wie der Einkauf (demnächst mit Webshop), Förderung des Know-hows der Mitarbeiter, Überblick über installierte Anlagen, Wartungsplanung, Event- und Alarmmanagement, Ticket System und eine Anlagendokumentation verfügbar. Auch eine Systemerweiterung auf Kundenseite ist möglich: Kunden können eigene Apps und IT-Systeme wie SAP anbinden.

Die Vorteile liegen auf der Hand: Kunden profitieren von weniger ungeplanten und geplanten Downtimes, zudem sind alle wichtigen Informationen auf myABP verfügbar, und durch bessere Trainings werden Reparaturdauer und Energieverbrauch reduziert. ABP selbst profitiert natürlich auch – über eine intensivere Kundenbindung durch mehr Präsenz beim Kunden, einen kontinuierlichen Cashflow und das Sammeln von Erfahrungen in der digitalen Transformation.

Im Grundsatz erschließt ABP weitere Einnahmequellen und erhöht die Akzeptanz von myABP bei Kunden. „Deswegen gibt es auch White Label-Lösungen, entweder unter dem Begriff MyGlobalFoundry oder über ein eigenes Label eines Drittkunden“, sagte der ABP President. „Das Potenzial von White Label führt dazu, dass wir auch andere Branchen ansprechen können. Von der Gießerei strahlt das Thema aus auf Glas, Pharma und viele andere Bereiche; so meistern wir die Kür der Diversifikation durch digitale Transformation.

Und durch die digitale Transformation stehen bei ABP auf allen Ebenen des Unternehmens neue Entwicklungschancen zur Verfügung. Perspektivisch hat ABP die Produktentwicklung auf Basis digitaler Zwillinge im Blick, in 2021 Prozessoptimierungen mit KI-basierter Datenanalyse.

Das Ziel formulierte Till Schreiter in seinem Vortrag am Ende so: Man muss schnell sein in der Digitalisierung, und nicht alles allein lösen wollen, sondern mit Partnern. Und es sei wichtig, dass man über die Themen spricht: Digitale Marketingkanäle seien dabei ein wesentliches Tool.  „Es gibt sicher Unternehmen, die hoffen, einfach eine Software kaufen zu können, um ihre Probleme zu lösen. Es ist aber wichtig, die Identität mit einzubeziehen. Es ist eine Frage der Identifikation.“
Das betreffe dann auch den Vertrieb von Services: „Der Vertrieb muss sich anpassen, er muss ein Service-Gen haben. Nicht jeder Produkt-Vertrieb kann auch Service-Vertrieb leisten. Wichtig ist der Wandel von großvolumigem Produkt zu kleinvolumigen, aber dauerhaften Services.“ Diese benötigten ein eigenes Branding und ein sauberes Portfolio.

Die Digital Strategie: Step 2 - Ready in 6 Monaten!

Wie ABP dabei ganz praktisch vorgegangen ist, erklärte anschließend Markus Fournell, Vice President global Service & Digital Products (IoT) bei ABP Induction. Er zeigte die Ausgangslage an einem Bild auf: Hier ging es um die Kluft zwischen Kunde und Dienstleister, die es zu überwinden galt. „Die Digitalisierung ist die Brücke: Wir sind näher am Kunden durch ganz verschiedene Maßnahmen – und davon profitiert der Kunde.“ So sind jetzt alle relevanten Informationen vorhanden und synchronisiert, das ermöglicht eine bessere Kalkulation laufender Kosten, das wiederum führt zu einem schnelleren und besseren Service, und letztlich zu einer höheren Produktivität. „Ein wesentlicher Vorteil ist, dass wir die Daten nicht bei uns speichern, sondern beim Kunden – das hilft enorm bei der Akzeptanz digitaler Lösungen.“

myABP ist dabei der digitale Informations- und Wartungsassistent, der im Fokus steht. Er ist als offenes System für alle Prozesse und Maschinen ausgelegt. Hier finden sich alle Dokumente von Produktbeschreibungen und Zeichnungen über Wartungshandbücher bis zu Serviceberichten. Mit dem ‚ABP Expert on Demand‘ (EoD) sind ABP-Experten immer zur Stelle, wenn Support benötigt wird, um die maximale Verfügbarkeit einer Anlage zu gewährleisten. „Es erlaubt dem ABP-Support, die Anlage mit Augmented Reality durch die Augen des Kunden zu sehen“, erklärte der Experte. ‚ABP Expert on Demand‘ ist extrem schnell verfügbar, da lange Wartezeiten auf einen Servicetermin oder eine Techniker-Verfügbarkeit kein Thema mehr sind.

Ein weiteres Modul ist die ‚ABP Virtual Academy‘, das für alle technischen Bereiche verfügbar ist, zu jeder Zeit, an fast jedem Ort. „Damit kann jeder Mitarbeiter auf Wunsch im virtuellen Raum an einem digitalen Zwilling trainieren“, sagte Markus Fournell. Regelmäßige Trainings und Schulungen des Teams sind elementar, gerade in einem so hochsensiblen Arbeitsbereich wie im Umfeld Ihrer Ofenanlage. Im ‚ABP Classroom‘ lassen sich individuelle und aktuelle Themen besprechen und erlernen.

Beim dritten Modul ‚ABP Intelligence‘ wandelt ABP Daten in Erkenntnisse: Mit der Verbindung zu den Gerätesensoren werden Informationen an das ABP Gateway übertragen, der alle Fakten über den Betriebszustand verarbeitet. Aus den Analysen werden Handlungsanweisungen abgeleitet und bei Alarmen automatisch Tickets erzeugt.

„Bei der Gestaltung der Plattform zeigte sich schnell, dass ABP den richtigen Weg gegangen ist, das Projekt nicht allein, sondern mit Entwicklungspartnern anzugehen“, verriet Fournell. Im Laufe der Entwicklungsphase begleiteten zudem vier langjährige ABP-Kunden die Arbeiten und konnten so wertvolle Praxis-Inputs liefern. „Hier haben wir festgestellt, dass die Herstellerneutralität und die Vielseitigkeit von myABP genau das ist, was der Markt offensichtlich benötigt. Es ist die Kombination aus M2M-Anbindung über die Cloud, Virtual Trainings, Augmented Reality-Unterstützung, Anlagenübersicht und zuverlässigem Service, den die Referenzkunden zu schätzen wussten. So lassen sich Predictive und Preventive Services anbieten.“

Markus Fournell lobte dabei sein Team, das beides kombiniert hat: ein traditionelles Servicegeschäft und digitale Lösungen. „Das war ein Kraftakt, beides anzuschieben, aber die Verknüpfung jetzt bringt es.“ Mit dieser Ausgangslage sei es wesentlich einfacher gewesen, auf den mitunter naturgemäß konservativen Markt zuzugehen: „Added Value und ROI wurden in den Beispielen auf Kundenseite aber schnell gesehen, wobei uns hier vor allem die Dynamik überrascht hat.“
„Jetzt ist unser Service-Verkauf gefordert.“ Fournell spürt einen Veränderungsprozess im Unternehmen:  „Erfolge wie der Kick-off der digitalen Lösungen auf der Leitmesse GIFA 2019 schafften Begeisterung in der Belegschaft. So attraktive Umgebungen wie die Academy mit dem Virtual Classroom – das öffnet die Augen und macht sie stolz.“

Von der Digital-Strategie
zur digitalen Road Map für Service-Vereinbarungen

Wie wichtig ein sorgsamer und abgestimmter Aufbau einer Digitalisierungsstrategie ist, zeigte Dr. Stefan Wittzack, Team Lead Smart Services bei der Sartorius Stedim Biotech GmbH, auf. Er zeigte eine Roadmap für Smarte Serviceverträge auf und verdeutlichte, welchen großen Spielraum Sartorius den Kunden bei der Wahl der Sicherheitsstufen lässt.

„Wir sind ein Lösungsanbieter für die biopharmazeutische Industrie, und auch sie ist natürlich längst im Zeitalter von Industrie 4.0 angekommen. Das bedeutet auch, dass wir unsere Serviceverträge angepasst haben“, erklärte er. Smart Services seien aus seiner Sicht hier der Schlüssel: „Mit ihnen konnten wir beispielsweise bestehende Serviceverträge anreichern und zusätzliche Leistungen verankern. So können wir jetzt remote Kunden einen zusätzlichen Support anbieten, der auch beinhaltet, dass unsere Experten aus dem Back Office heraus schneller helfen können.“
Die First-Time-Fixrate wurde dadurch bei vielen Kunden verbessert, auch weil einfache Fehler oder Probleme bei der Anwendung und Bedienung schnell gelöst werden können. Wird doch ein Ersatzteil benötigt, ist dies schnell bestellt: „Unser Prozess sichert ab, dass Service-Techniker erst beim Kunden vor Ort sind, wenn auch das Ersatzteil angekommen ist.“

Wittzack spricht von einer Roadmap, weil hier verschiedene Lösungs- und Supportwege aufgezeigt werden, angefangen von der Konnektivität über den Bereich Collect – also das Condition Monitoring -, hin zu Analyze bis zu Optimize, das in der Regel verschiedene Preditctive Maintenance-Szenarien enthält.

Das Arbeitsumfeld, in dem sich Sartorius bewegt, ist natürlich ein ganz besonderer Faktor: „Es geht um pharmazeutische Themen, um wissenschaftliche Erkenntnisse, um wertvolle Betriebsgeheimnisse – alles will entsprechend abgesichert sein. Da dreht sich vieles um das Kern-Know-how der Kunden – dieser Verantwortung sind wir uns bewusst.“ Und das habe dazu geführt, dass Sartorius einen Schritt weiter gehen musste, als man es aus dem Industrie 4.0-Servicekontext kennt.

„Selbstverständlich stecken wir in dem Dilemma, dass es die absolute Sicherheit nicht gibt, wir können aber gewährleisten, dass vom Kunden vorgegebene Bereiche IT-seitig besonders geschützt sind“, sagte er. Der Kunde habe darüber sogar die vollständige Kontrolle: Der Kunde könne über eine App Zugriff bekommen auf ein so genanntes Connectivity Center. Er könne von sich aus individuell und in Echtzeit freigeben, welche Geräte er für einen Zugriff durch uns temporär freischalten möchte.

„Der Kunde hat also die Wahl – und ist dennoch mit dieser nicht auf sich allein gestellt. Denn wir unterstützen den Kunden durch Schulungen, Whitepapers und weitere Services, so dass er eine höchstmögliche Sicherheit bekommt und dennoch vertrauensvoll Service zulassen kann. Mit IT und Software können wir so Service sichtbar machen.“

Im Vortrag verglich Wittzack das mit einem Hochhaus-Bau: Bevor es hoch hinaus geht, benötigt man zunächst ein Fundament – das ist die IT, die Organisation, die Struktur. Der Nutzen findet dann ab der ersten Etage statt, doch bevor diese gebaut wird, stellen wir zunächst ein Zelt auf das Fundament – hier können wir einen ersten Anwendungsfall zeigen und die weitere Entwicklung des Baus vorbereiten. „Wir wollen die Services schrittweise anbieten. Und Remote Desktop ist das erste Zelt auf dem Fundament.“

Der erste Schritt sei mit Blick auf die Komplexität erst einmal simpel. Die Komplexität steigt dann mit dem Faktor Security. Ab da stelle sich dann immer die Frage: Wo ist der Mehrwert für den Kunden?
Herausforderungen bedeutete das auch für das Unternehmen selbst: „Risikoanalysen und Consulting waren Themen, die plötzlich gefordert wurden, und dafür brauchten wir neue Experten. Zudem musste die Sicherheitsinfrastruktur aufgebaut werden – wichtige Arbeiten, die vorab erledigt werden sollten.“

Kundenfokus und Einfachheit - wichtigste Erfolgshebel für Smart Services

Dass es dabei auch auf Einfachheit ankommt, erklärte Daniel Greitens, CEO bei MAXIMAGO, in seinem Vortrag mit dem Titel „Lean Product Shaping“. Er zeigte auf,, wie man mit sauberer Kausalkette Anforderungsfluten beherrschen kann. „Das Problem ist einfach: Produkte sind immer überfrachtet. Innovation kommt so kaum auf die Straße.“ Es gebe häufig keinen Kompass für die Entwicklung von Lösungen. Kaufentscheider seien oft nicht die Nutzer.

„Lösungen werden irgendwann zu Boliden, die sich nicht mehr weiterentwickeln lassen“, sagte Greitens, der in der Nutzerfreundlichkeit die auch Sicherheit zur Nutzung der Lösung vermitteln muss, die große Herausforderung sieht: „Wenn man Schulungen für eine Lösung braucht, ist die Lösung eigentlich schon schlecht.“ Und das bringe Motivationsprobleme mit sich: „Ein Team wird dann unzufrieden, weil es keine Lust hat, an einem Boliden rumzuschrauben. Das schafft aber natürlich auch keine Nutzerzufriedenheit.“
Was versteht Daniel Greitens unter Überfrachtung? Ihm geht es um Funktionen, die ein Nutzer nicht braucht.

Die Unternehmenskultur muss Ausgangspunkt für alle Entwicklungen sein: „Im Fokus steht der Mensch, und genau das haben viele einfach nicht im Fokus.“ Was sind die Märkte und USPs? Wertschöpfung und Prozesse hätte sicher noch jeder im Blick, aber was sind dann die Interessensgruppen und Nutzer von Lösungen? „Ab da wird’s spannend, vor allem, wenn man sich dann fragt, was glücklich macht.“ Darauf bauten dann Nutzungssituationen und Kontexte auf. „Man sollte sich da immer fragen: Wo wird was benötigt? Was sind die Anwendungsfälle und konkrete Ziele einer Lösung?“

Ist das alles ermittelt, gehe es erst um Funktionalität, Interaktion und Informationsdarstellung. „Das ergibt dann auch den klaren Kompass.“ Wer sich auf diesen Weg bewegen wollte, müsse viele Maßnahmen ergreifen. „Und das braucht Führungskompetenzen“. Ein Misserfolg hänge oft auch mit fehlender Führung zusammen, und mit einer fehlenden digitalen Strategie.
„Unternehmen brauchen digitales Verständnis im höchsten Management, dazu eine gewisse Experimentierfreude und kleine volatile Ansätze, bei denen man sich auch trauen würde, sie wieder zu revidieren.“

Innovationen dürfe man nicht als Silo verstehen, sie gehörten in alle Teams. Eine besondere Herausforderung sei dies für den Mittelstand: Hier macht Greitens vielfach fehlende Kompetenz und ein oft mangelndes Budget aus. Man müsse im Mittelstand handlungsfähig bleiben und experimentierfreudig werden. „Aber wie soll ein kleiner Mittelstand mit 20 Mitarbeitern diesen Schritt machen, ohne seine Existenz zu gefährden? Das ist ein limitierter Handlungsspielraum, eben durch Kompetenz und Budget.“

Digitale Geschäftsmodelle: Smart Services sind kundenspezifisch zu vermarkten

SKF hat verschiedene Maßnahmen ergriffen, um mit Smart Services neue Kunden zu erschließen und Bestandskunden mit neuen Leistungen zu begeistern. Rotating Equipment Performance (REP) heißt dabei ein Tool, und meint das Abrufen der maximalen Leistung einer Anlage zu minimierten Lebenszykluskosten. „Wir sind von Hause aus Wälzlager-Hersteller mit einer langen Tradition, blicken aber heute aus einer anderen Perspektive auf unser Geschäft. Der Weg von der Unternehmensvision zu Geschäftsmodellen hat uns zu REP geführt“, erklärte Dr. Bernd Bauer von der SKF GmbH in seinem Vortrag. „Natürlich liefern wir weiterhin die bewährten Maschinen und Anlagen, aber wir sind auch darauf bedacht, Services zu liefern, die Leistungen unserer Anlagen beim Kunden optimieren und den gesamten Maschinenpark des Kunden dadurch effizienter werden lassen.“

SKF verfolgt einen sehr individuellen Ansatz, bei dem das Unternehmen den jeweiligen Kunden mit seinen Wünschen in den Mittelpunkt stellt. Um diese Bedürfnisse herum werden dann die entsprechenden Geschäftsmodelle entwickelt.  

„Den Weg geebnet haben uns hier die Potenziale von Smart Services. Wenn ich mit einem derartigen Ansatz, der Maschinen, Komponenten und Dienstleistungen zu einem Lösungsportfolio zusammenführt, erfolgreich sein möchte, benötige ich das Feedback von Maschinen, Es geht um Verschleiß oder mögliche Schäden. Das erfasse ich über Sensoren, die ein Condition Monitoring ermöglichen, so dass ich sehe, was die Maschine macht. Diese Daten-Verknüpfung generiert neue Geschäftsmodelle“, fasste er zusammen.

Eine Kernfrage dabei sei, wem welche Daten gehören. Das fließt dann auch in die Vertragsgestaltung mit ein: „Es gibt keine allgemeingültigen Regelungen, da muss vielmehr jeder Einzelfall betrachtet werden.“ Die verschiedenen Dimensionen machten den Bereich so anspruchsvoll: „Verträge sind ja mitunter auch endlich gültig, das bedeutet auch, das geregelt sein muss, was mit erfassten Daten passiert, wenn der Vertrag endet. Ein weiterer Punkt; Wo werden die Daten gespeichert?“

Noch vor zwei Jahren habe er eine starke Zurückhaltung der Kunden gegenüber Cloud-Technologien gespürt – das sei heute vielfach kein Thema mehr. „Uns selbst hat überrascht, wie groß die Cloud-Akzeptanz heute ist. Der Fokus ist auch ein anderer: Die Klimadiskussion führt vermehrt dazu, dass sich unternehmen mit nachhaltigen Strategien auseinandersetzen. Es geht nicht mehr nur um den materiellen Wert, sondern um eine Reduktion des Verbrauchs und ganz plakativ um weniger CO2-Emissionen.“

Wie sieht dann der Weg zu Predictive Maintenance aus? „Machine Learning löst hier Probleme, die lange Zeit als unlösbar galten, weil sie einfach aufgrund der Menge und Komplexität nicht auswertbar waren.“

Wichtig sei in diesem Zusammenhang auch, wie der Kunde Daten nutzt, und auf welche Systeme er setzt.
Bei SKF achte man darauf, dass personenbezogene Daten nicht gespeichert und verarbeitet werden. „Wir lösen das so, dass wir personenbezogenen Daten erst gar nicht ins System lassen, sondern über eine Drittlösung abgewickelt werden.“

Die Komplexität der digitalen Komponenten bringe aber auch mit sich, dass es Veränderungen im Vertrieb geben müsse – auch in den Vorträgen von ABP und Sartorius wurde dies bereits thematisiert.
Wer bisher ausschließlich Produkte verkauft hat, tue sich mitunter schwer, plötzlich Dienstleistungen oder Lösungen zu verkaufen. Vergleichbar sei der Change, wenn man plötzlich nicht mehr die Maschine an sich an den Kunden verkaufe, sondern nur noch den Output oder die Leistung – ebenfalls ein für viele Branchen noch neuer Ansatz, der durch Smart Services erst möglich geworden sei.

Unternehmen könnten nicht von heute auf morgen ihre Strategie so radikal ändern. Einen derartigen Change könnten sich nur Unternehmen leisten, die so gesund sind, dass sie zwei Geschäfte nebeneinander laufen lassen können – das etatmäßige und der neue Ansatz.

„Wir sind da mit REP gut aufgestellt, weil wir ein schlüssiges Gesamtpaket liefern, dass je nach Kundenwunsch auf einen unterschiedlichen Fokus ausgerichtet sein kann.“  
Zu den bisherigen Learnings gehöre in diesem Zusammenhang, dass der Fokus immer auf dem Kundennutzen liegen müsse: „Egal, wie die Lösung aussieht: Es muss für den Kunden Sinn machen, sonst verkaufen wir dem Kunden erst gar nichts.“ Das könne sich auch darin ausdrücken, dass man bei einem neuen Geschäftsmodell auf erfolgsabhängige Vergütung setze: „Das Teilen des Performance-Gewinns ist so ein Modell – wir arbeiten also erfolgsabhängig, und das motiviert Anbieter und Kunde.“

Und da war noch was – das 2. Learning dieser Service-Tagung

Halt, stopp, da war ja noch was: Eigentlich war die Spectaris-Tagung für Dortmund lokalisiert – Corona hat uns aber einen Strich durch die Rechnung gemacht. Wie gut, dass sowieso geplant war, Teile der Sessions im virtuellen Raum stattfinden zu lassen. So konnten wir komplett auf den ABP Virtual Classroom ausweichen – was uns natürlich einige Learnings auf der Meta-Ebene gebracht hat.

„Virtueller Classroom“ – wie ist es und was ist anders, das Besondere?

Basis ist das Konzept einer Veranstaltung im virtuellen Raum
und
es sind einige Regeln zu berücksichtigen

  1. Der Umgang mit dem Virtuellen will gelernt sein. In einigen Wochen oder Monaten mag das obsolet sein, aktuell empfiehlt sich aber neben der eigentlichen Veranstaltung auch eine Schulung im Umgang mit virtuellen oder digitalen Lernumgebungen. Die Nutzung ist nicht so trivial, wie es sich anhört.
  2. Auch im virtuellen Raum darf das Menschliche nicht zu kurz kommen. Pausen sind Pausen – allerdings im virtuellen Rahmen. Das heißt auch, dass die Pausen dort verbracht werden sollten – für das sonst so gefragte Networking, das Miteinander, den Austausch. Idealerweise setzt man eine Aufwärm- und Kennenlernphase vor das eigentliche Meeting – das schafft Vertrauen in die Umgebung, in die Teilnehmer – und öffnet mental für die Zusammenarbeit im Laufe der Session.
  3. In den Raum gehören Gimmicks, von der virtuellen Kaffeemaschine bis zum Vogelgezwitscher von draußen. Vertrautheit und Wohlfühlmomente sind gefragt – auch sie schaffen einen Mehrwert in der uns noch fremden Umgebung.
  4. Wer moderiert, sollte den virtuellen Raum kennen wie sonst den Seminar- oder Vortragsraum. Wir checken vor einem Event auch Beamer, Akustik, Licht und Atmosphäre – es empfiehlt sich, auch den virtuellen Raum zu beherrschen, damit man in der Session selbst frei ist für die inhaltliche Gestaltung.
  5. Es braucht auch Mut, das Neue zu wollen und es für sich zu gestalten – nur wer den ersten Schritt macht wird lernen, wie sich der zweite und dritte Schritt anfühlt… und kommt dann langsam wieder in seiner Komfortzone an!

Für mehr – Informationen oder den Gedankenaustausch – sprechen Sie uns an
        weber@iss-hamburg.de
        T: +49 40 536 99 155

Gerne informieren wir auch über die ISS VAC, die Virtual Academy der ISS Business School zu ISS Programmen und Services für ISS Kunden und Teilnehmer.