„Abstände, in denen man sich neu erfinden muss, werden kürzer“

Hinter Serviceleistungen verbergen sich hochkomplexe Prozesse und Technologien. Zum Service gehören auch immer Menschen: Sie setzen Technik ein, planen Service und entwickeln innovative Lösungen. In unserer Serie „Service-Manager im Porträt“ stellt die Service Today Entscheider aus dem Service vor, die mit ihrer Erfahrung und ihrem Wissen innovative Dienstleistungen für ein Unternehmen entwickelt, etabliert und somit das Unternehmen vorangebracht haben. Für diese Folge sprach Service Today-Redakteur Michael Braun mit Roger Struck, Customer Care Center Manager im Bereich Monitoring, Analytics and Therapeutic Care / Ultrasound der Philips GmbH Market DACH.

Bis zum Ende der Schulzeit verläuft das eigene Leben ja in der Regel in vorherbestimmten Bahnen. Doch für viele Jugendliche kommt mit dem Ende der Schulzeit die Frage: ‚Was nun?‘ Und für viele kommt sie schneller als gewünscht und ist schwieriger zu beantworten als gedacht. Auch Roger Struck hat sich in seiner Abitur-Zeit gefragt: Was kommt danach? Inspiration hat er sich bei seiner Familie in Übersee geholt, genauer gesagt in Milwaukee, Wisconsin. „Ein Verwandter hat mir seinen Job gezeigt, er war in Milwaukee im Medical Engineering tätig – das hat mich sofort fasziniert“, sagt der Healthcare-Experte. Nach seiner Rückkehr stand fest – im Bereich Medizintechnik möchte er beruflich heimisch werden. Er schrieb sich an der Hochschule für Angewandte Wissenschaften (HAW) in Hamburg ein und studierte Bioingenieurwissen – „so hieß das damals noch“, fügt er hinzu. Der Studiengang war interdisziplinär aufgebaut, zudem mit einem technischen Fokus, worauf Roger Struck besonderen Wert legte. 1994 schloss er das Studium als Diplom-Ingenieur im Bereich Biomedizintechnik ab. Für Praxiseinblicke sorgten diverse Praktika, unter anderem auch in handwerklichen Bereichen. Bei Draeger war er in der Entwicklungsabteilung für Narkosegeräte tätig – Service und Entwicklung bildeten hier seine Schwerpunkte. „Irgendwann wollte ich dann aber auch einen festen Job haben und aktiv werden – nur gab das der Arbeitsmarkt zunächst nicht her“, erinnert er sich an Zeiten, zu denen es das Wort „Fachkräftemangel“ noch nicht gab. Also begann er eine Ausbildung zum Groß- und Außenhandelskaufmann – natürlich im medizinischen Fachhandel. „Das hatte dann auch viel mit Service zu tun“, erinnert er sich. Parallel bewarb er sich auf offene Stellen und wurde schneller fündig als erwartet. „Ich habe dann die Ausbildung abgebrochen und bin als Kundendienst-Ingenieur in der Medizinelektronik zu HP gewechselt.“ Gefallen hat dem Ausbildungsbetrieb das natürlich nicht – der war froh, einen so fachkundigen Mitarbeiter zu haben.

Los ging‘s im Field Service; als Außendiensttechniker war er unter anderem zuständig für Geräte im Patientenmonitoring und anderer Überwachungssysteme. Danach wechselte er nach Ratingen in den Innendienst und stand per Remoteservice mit seinem Fachwissen zur Verfügung. Als ursprünglicher Bad Oldesloer wollte er aber immer wieder zurück in den Norden, und nachdem Philips die Medizintechnik-Sparte von Agilent (ehemals HP) gekauft hatte und der Standort Ratingen 2007 aufgelöst wurde, begleitete er als Experte den Move der Unternehmensbereiche nach Hamburg, seinerzeit übrigens auch in einer Betriebsratsfunktion. „Diese Transition zu begleiten, hat mich enorm vorangebracht. Damit habe ich mich praktisch  zur Führungskraft entwickelt“, erklärt Roger Struck rückblickend.

Heute sitzt der Customer Care Manager im Philips-Neubau an der Röntgenstraße und koordiniert die Arbeit von über 30 Mitarbeitern im Customer Care Center. Die Nähe zu den drei Teams, für die er verantwortlich ist, ist ihm wichtig, so dass er sich mitten in das Großraumbüro platziert hat, um als Schnittstelle fungieren zu können. Zu seinem Bereich gehört eine Technikergruppe für den Bereich Ultraschall, eine weitere Technikergruppe für das Patientenmonitoring sowie eine kaufmännische Gruppe für die Koordination der rund 50 Außendienst-Techniker und weiterer Aufträge. „Dazu kommen noch rund 100 Servicepartner, die uns in Spitzenzeiten, bei Inbetriebnahmen oder Wartungen unterstützen.“

Regelmäßig selbst bei Kunden

Roger Struck selbst ist auch regelmäßig bei Kunden unterwegs – gerade bei komplizierten Fällen kann er sich mit seiner Erfahrung sehr gut einbringen. Hier hilft ihm auch sein handwerkliches Wissen aus seiner Praktika- und Außendienst-Technikerzeit. Das schätzen sowohl die Kollegen als auch die Kunden. „Mir ist es auch wichtig nah bei den Kunden zu sein, um das Gespür für die richtigen Service-Lösungen und Prozesse nicht zu verlieren“, sagt der erfahrene Service-Manager.

„Ich möchte damit auch raus aus einer Anonymität, die sich über die Distanz schnell aufbauen kann. Wir gehen in der Regel eine Dauerbeziehung mit unseren Kunden ein, wir sprechen von Lebenszyklusbeziehungen – auch deswegen ist ein persönlicher Kontakt so wichtig“, sagt er. Service sei einfach auch eine Mentalitätsfrage. Es gehe darum, für den Kunden emphatisch einen guten Job zu machen.

Dazu zählt auch, dass Roger Struck ein technisches Training mit aufgebaut hat. Ein technischer Trainer im Team steht für Schulungen für Medizintechniker in Krankenhäusern zur Verfügung: „Das ist ein Key Enabler im Vertrieb: Die Kunden sind interessiert und schauen rein – das funktioniert auch, da wir uns an die Strukturen des Kunden anpassen.“

Die Sprache der Kunden und der Mitarbeiter im Service verstehen

Um sich selbst weiter voran zu bringen, absolviert er aktuell eine Service-Manager-Weiterbildung bei der ISS Business School in Hamburg. Roger Struck hatte die Weiterbildung bei einer Teilnehmeraktion auf dem KVD Service Congress gewonnen. „Das bringt mich als Diplom-Ingenieur gerade in Servicethemen enorm weiter. Hier stehen Themen an, die ich täglich brauche – das ist extrem wertvoll.“ Was ihm besonders hilft, ist, die Sprache der anderen im Service und im Kundendialog zu verstehen. Hilfreich sind auch die realen Projekte, die er im Rahmen seiner Weiterbildung betriebsintern begleitet durchführen kann. „Man betrachtet ja sonst in der Regel den Inhalt seiner Arbeit, jetzt eröffnen sich aber ganz neue Dimensionen“, sagt er. Es geht um wirtschaftliche Themen, um Business Development. Das führt dazu, dass er seine Organisation wirtschaftlich aufstellen kann – sozusagen eine Standortsicherung für seine Abteilung und deren Mitarbeiter. Die Weiterbildung habe ihm auch gezeigt, dass jenes Wissen, über das man verfügt, für das weitere Berufsleben oft nicht ausreicht.  „Man muss immer dazu lernen, und die Abstände, in denen man sich neu erfinden muss, werden immer kürzer.“

Dabei nimmt der Healthcare-Profi übrigens auch andere Branchen in den Blick: „Wenn ich unterwegs bin – auch privat – dann schaue ich mir immer Prozesse an und habe den Blick für positive Serviceerlebnisse. Da sollte man immer einen offenen Blick haben, wenn man sich durch die Welt bewegt.“ Er beantwortet auch immer Kundenzufriedenheitsumfragen – weil er aus eigener Erfahrung weiß, wie wichtig das auch für seine eigene Organisation ist.

In der Zukunft möchte Roger Struck den Fokus noch mehr auf den Kunden legen. „Ich möchte einfach, dass meine Mitarbeiter und ich mehr Zeit für Kunden haben, deswegen sind mir Themen wie Self Service und Automatisierung auch so wichtig. Wir leiden alle unter der Routine, und wenn diese einem abgenommen werden können, bleibt viel mehr Raum für kreatives, abwechslungsreiches Arbeiten.“

Das sei es auch, was potenzielle Mitarbeiter heute von ihrem Arbeitsumfeld erwarten. „Konsultation ist heute viel gefragter, und wir treffen bei der Personalsuche heute auf ganz andere Mitarbeiterprofile als früher. Auf der anderen Seite fordern wir auch neue Profile ein – EDV-Verständnis gehört natürlich dazu, aber auch für den Workflow bei den Kunden, gerade bei den Krankenhäusern, müsse ein gewisses Verständnis vorhanden sein. „Wir sind Partner der Kunden, und als solche muss er uns auch wahrnehmen können. Dazu können wir einiges beitragen“, sagt er.